Wofür braucht man einen Testamentsvollstrecker?

Ein kluger Knecht wird herrschen über unfleißige Erben und wird unter den Brüdern das Erbe aufteilen" (Salomo, 17,2). Der Preussenkönig Friedrich II, besser bekannt als der Alte Fritz, hat seinen Freund, den Herzog Karl von Braunschweig zu seinem Testamentsvollstrecker ernannt, weil er von dessen "Freundschaft, Redlichkeit und Ehrenhaftigkeit" überzeugt war.
 
Wenn Sie ganz sicher sind, dass Ihre Erben nicht streiten werden, dann brauchen Sie keinen Testamentsvollstrecker. Aber das haben sich schon viele Erblasser gedacht - ohne ihren Irrtum zu erleben. Das dicke Ende kommt dann nach und vermeidbare Streitereien entzweien Familien über Generationen. Sicherheitshalber sollte daher ein Testamentsvollstrecker immer dann eingesetzt werden, wenn nicht nur Kleinigkeiten zu vererben sind, mehrere Erben und/oder Vermächtnisnehmer vorhanden sind und/oder das Testament komplizierte Anordnungen enthält.
 
Gerade Familienunternehmen leiden besonders häufig unter Streitereien der Nachfolgegesellschafter. Eine geregelte Unternehmensnachfolge ist nicht von ungefähr ein wichtiger Erfolgsfaktor für das Rating-Verfahren nach Basel II.
 
Der Testamentsvollstrecker ist Ihr Interessenvertreter nach Ihrem Tod. Er ist allerdings kein Beauftragter der Erbengemeinschaft und daher auch nicht an deren Weisungen gebunden. Er wird Ihre Verfügungen wie ein Treuhänder gewissenhaft befolgen und versuchen, Streit zwischen den Erben zu vermeiden.
 
Der Testamentsvollstrecker nimmt auch Schutzfunktionen wahr zugunsten Ihrer Erben. Zu seinen Aufgaben gehört es, die Erbschaftssteuerbelastung und Pflichtteilsansprüche gering zu halten. Beim Behindertentestament kann sich eine Verwaltungsvollstreckung als nützlich erweisen, um den Nachlass den übrigen Abkömmlingen zu erhalten. Bei Anordnung der Testamentsvollstreckung können Eigengläubiger der Erben keine Zwangsvollstreckung in den Nachlass betreiben.
 
Der Testamentsvollstrecker wird auch behilflich sein, schnellen Zugang zu Ihren Bankkonten zu finden. Sie können die Testamentsvollstreckung ergänzen durch eine sogenannte transmortale oder postmortale Vollmacht. Dadurch wird der Testamentsvollstrecker oder ein andere Person bereits zu ihren Lebzeiten und/oder darüber hinaus bevollmächtigt, über Ihre Konten zu verfügen, es muß dann in der Regel nicht erst ein Erbschein beantragt werden.
 
Die Höhe der Vergütung bzw. die Kosten des Testamentsvollstreckers können Sie in Ihrem Testament bestimmen. Dabei sollten Sie sich vorher mit ihm abstimmen. Er kann das Amt nämlich ablehnen, wenn er meint, zu wenig zu bekommen. Den unterschiedlichen Interessen Ihrer Erben an der Schonung des Nachlasses und denen des Testamentsvollstreckers an einer angemessenen Vergütung wird Rechnung getragen in der Rheinischen Tabelle. Sie sieht vor, dass sich die Vergütung nicht nur prozentual nach dem Wert des Nachlasses richtet, sondern auch nach dem Umfang der Tätigkeit, die der Testamentsvollstrecker leisten muss. Eine Vergütung nach Zeit bzw. nach geleisteten Stunden hat sich in der Praxis bewährt.
 
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht Jan Weber ist neben seinen vielfältigen Qualifikationen auch Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT).
 


 

 

TestamentMehr Informationen zum Erbrecht

Viele weitere Informationen zum Erbrecht in zehn Kapiteln finden Sie in dem von RA Nils Weber betriebenen Erbrechtslexikon und Blog Erbrechtsweber