Pflichtteil

Der Grundgedanke des Pflichtteilrechts ist - wie so vieles im modernen Erbrecht - vom BGB aus dem römischen Recht übernommen, aber auch der im alten deutschen Recht verbreitete, mittelalterliche Gedanke vom "natürlichen Recht der Familie", gewissermaßen eine auf die Sippe bezogene "Sozialbindung des Eigentums" findet seinen Ausdruck im modernen Pflichtteilsrecht ("Je näher am Blut, desto näher am Gut").
 
Benennt der Erblasser in seinem Testament oder per Erbvertrag nicht seine gesetzlichen Erben, also in der Regel seine Kinder und/oder seinen Ehegatten, als Erben, dann gehen diese nicht leer aus, sondern können ihren sogenannten Pflichtteil verlangen. Der Pflichtteil steht allerdings nur den Abkömmlingen des Erblassers und seinem Ehegatten bzw. eingetragenen Partner zu, solange die Ehe oder Partnerschaft im Zeitpunkt des Erbfalls noch bestand. Eltern sind nur pflichtteilsberechtigt, wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind. Geschwister und Großeltern des Erblassers sind nicht pflichtteilsberechtigt.
 
Der Pflichtteilsanspruch geht auf die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Bei der Berechnung des Erbteilwertes ist der Verkehrswert bzw. Verkaufswert maßgeblich. Die Nachlaßverbindlichkeiten müssen davon abgezogen werden.
 
Der Pflichtteilsanspruch des enterbten überlebenden Ehegatten richtet sich nach dem nicht erhöhten gesetzlichen Erbteil von 1/4 und beträgt daher nur 1/8. Wird der überlebende Ehegatte hingegen Erbe oder wird er mit einem Vermächtnis bedacht, dann richtet sich der Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2305 BGB) nach dem erhöhten Erbteil.
 
Bei Gütertrennung erhöht sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten neben einem Kind auf 1/2 und neben 2 Kindern auf 1/3, so daß der Pflichtteil neben einem Kind 1/4 und neben zwei Kindern 1/6 beträgt.
 
Bei Erbverzicht erhöhen sich die restlichen Pflichtteilsansprüche, weil der Verzichtende nicht mehr mitgezählt wird.
 
Lebzeitige Zuwendungen muß sich der Pflichtteilsberechtigte u.U. auf seinen Anspruch anrechnen lassen. Maßgeblich ist der Wert der Zuwendung im Zeitpunkt des Empfangs. Dem Pflichtteilsberechtigten stehen umfangreiche Auskunftsansprüche und auch Wertermittlungsansprüche zu, deren Geltendmachung Fachwissen und Erfahrung erfordert.
 
Die Pflichtteilsansprüche verjähren in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Pflichtteilsberechtigte von dem Erbfall und seiner Enterbung Kenntnis erlangt hat (§ 2332 BGB).
 
Der Erblasser kann seinen gesetzlichen Erben den Pflichtteilsanspruch nur in Ausnahmefällen entziehen. Familiäre Auseinandersetzungen reichen für einen Pflichtteilsentzug in der Regel nicht aus. Die Gründe für einen Pflichtteilsentzug müssen in jedem Fall ausführlich dargelegt und dokumentiert werden.
 
Die Umgehung des Pflichtteilanspruchs ist möglich, bedarf aber - je nach Einzelfall - sorgfältiger und oft aufwendiger Planung.
 


 

 

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