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31.07.2002

BGH: Vollmachtsklauseln in Generalübernehmerverträgen unzulässig

Eine vom Generalübernehmer in einem Vertrag über die Errichtung eines schlüsselfertigen Hauses verwendete Klausel, nach der er bevollmächtigt ist, die Bauleistungen im Namen des Auftraggebers zu vergeben, ist für den Auftraggeber überraschend. Sie wird gemäß § 3 AGBG nicht Bestandteil des Vertrages. Dies entschied der BGH in einem kürzlich veröffentlichten Urteil.
 
Typischerweise ließe der Generalübernehmer Leistungen durch Nachunternehmer erbringen, die er in eigenem Namen beauftrage. Der Auftraggeber müßte vernünftigerweise nicht damit rechnen, daß der Generalübernehmer sich eine Vollmacht erteilen läßt, nach der er die von ihm geschuldete Leistung im Namen seines Auftraggebers vergibt. Eine derartige Vergabe würde eine zusätzliche Verpflichtung des Auftraggebers schaffen, dem beauftragten Handwerker den Werklohn für diejenigen Leistungen zu zahlen, die der Generalübernehmer als eigene Leistungen übernommen hat und für die der Auftraggeber den Werklohn bereits schuldet. Diese zusätzliche Verpflichtung widerspräche eklatant dem Wesen des Generalübernehmervertrages, nach dessen Inhalt der Auftraggeber sich nur einem Vertragspartner gegenübersieht und keinem zusätzlichen Preisrisiko ausgesetzt sein will.
 
BGH, Urteil vom 27. Juni 2002 Az.: VII ZR 272/01



29.07.2002

Finanzämter geben nicht mehr ohne weiteres Auskunft

Die OFD Hamburg hat aus der Änderung des Umsatzsteuergesetzes (wir berichteten), nach der jeder Unternehmer verpflichtet ist, auf seinen Rechnungen auch seine Steuernummer anzugeben, bereits Konsequenzen gezogen: Nach dem Schreiben Az. S 0130 41/02 St411 dürfen telefonische Auskünfte über Vermögen, Schulden oder Einkommen eines Steuerpflichtigen nicht mehr nur nach Angabe der Steuernummer gegeben werden.
 
Der Anrufer müsse jetzt auch das Geburtsdatum des Steuerpflichtigen nennen und damit glaubhaft machen, dass er tatsächlich befugt ist, die telefonische Auskunft zu erhalten. Durch diese Maßnahme soll Missbrauch vorgebeugt werden. Der wird erleichtert durch die Tatsache, dass Steuernummern nicht mehr nur dem Steuerpflichtigen selbst oder seinem Steuerberater bekannt sind, seit sie auch auf Freistellungsbescheinigungen und Rechnungen angegeben werden müssen.



23.07.2002

BFH äußert Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Bewertung von Erbbaurechten zum Zwecke der Erbschaftssteuer

Bei der Berechnung der Erbschaftssteuer sind Grundstücke und Erbbaurechte nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes zu bewerten. Die gesetzlich normierten Bewertungsverfahren orientieren sich dabei nicht an den Verkehrswerten, sondern es wird eine pauschalierte Bewertung durchgeführt. Meistens kommt es in diesen Fällen zu einer deutlichen Unterbewertung des ererbten Vermögens, in manchen Fällen allerdings zu einem Wert, der deutlich zu hoch liegt. In solchen Fällen ist der Steuerpflichtige auf die Gnade des Fiskus im sog. Billigkeitsverfahren angewiesen.
 
In einem kürzlich veröffentlichten Beschluß hat der Bundesfinanzhof nun ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Bewertung von Erbbaurechten zum Zwecke der Erbschaftssteuer geäußert. Der Verkehrswert des von einem Steuerpflichtigen geerbten Erbbaurechtes lag bei etwa DM 300.000, wurde jedoch vom Finanzamt mit fast DM 700.000 bewertet. Es ist daher zu erwarten, daß die entsprechenden Bewertungsvorschriften im Laufe der nächsten Jahre dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt werden.
 
BFH, Beschluss vom 22. Mai 2002 Az.: II B 173/01



19.07.2002

BGH: Änderung der Rechtssprechung zur Höchstbetragsbürgschaft

Mit einem am 18. Juli 2002 bekanntgegebenen Urteil hat der BGH entschieden, daß Bürgen künftig nur noch für den Höchstbetrag einzustehen haben, für den sie sich verbürgt haben. Die übliche Klausel, daß der Bürge auch über den vereinbarten Höchstbetrag hinaus für Kosten, Zinsen, Provisionen o.ä. hafte, sei unwirksam.
 
Die beklagte GmbH hatte für Verbindlichkeiten ihres Geschäftsführers gegenüber dem klagenden Kreditinstitut eine Bürgschaft bis zum Betrag von 130.000 DM übernommen. Diese Bürgschaft enthielt folgende Formularklausel:
 
"Die Bürgschaft umfaßt zusätzlich Zinsen, Provisionen und Kosten, die aus den verbürgten Ansprüchen oder durch deren Geltendmachung entstehen, und zwar auch dann, wenn dadurch der oben genannte Betrag überschritten wird. Dies gilt auch dann, wenn Zinsen, Provisionen und Kosten durch Saldenfeststellungen im Kontokorrent Teil der Hauptschuld werden und dadurch der oben genannte Betrag überschritten wird."
 
Die Bank hat die Bürgin in Höhe des Höchstbetrages zuzüglich 8 % Zinsen seit dem 20. Juni 1991 (inzwischen mehr als 100.000 DM) in Anspruch genommen, weil sich der Hauptschuldner seit diesem Tage in Verzug befindet. In der Revisionsinstanz geht es allein noch um diese Zinsen, die das Oberlandesgericht dem Grunde nach als gerechtfertigt zugesprochen hat. Es hat die zitierte Formularklausel - in Übereinstimmung mit der bisherigen Auffassung des Bundesgerichtshofs seit einem Urteil aus dem Jahre 1980 (BGHZ 77, 256) - für wirksam gehalten.
 
Diese Rechtsprechung hat der IX. Zivilsenat nunmehr zugunsten des Bürgen geändert.
 
Der Senat hat darauf verwiesen, daß die Höchstbetragsbürgschaft das Haftungsrisiko des Bürgen summenmäßig abschließend begrenzen soll. Eine solche Bürgschaft schränkt den im gesetzlichen Regelfall geltenden Haftungsumfang in der Weise ein, daß der Bürge - auch in Abweichung von § 767 Abs. 1 Satz 2 BGB - für die Ansprüche des Gläubigers gegen den Hauptschuldner ihm über den vereinbarten Höchstbetrag hinaus generell nicht einzustehen hat. Weitergehende Ansprüche des Gläubigers können gegen den Bürgen im allgemeinen nur dadurch begründet werden, daß dieser selbst in Verzug gerät oder sonstige Verpflichtungen aus dem Bürgschaftsvertrag verletzt. Dieser vertragswesentliche Schutz des Bürgen wird durch eine Erweiterungsklausel, wie sie das von den Parteien verwendete Formular enthält, weitgehend beseitigt. Die Formularbestimmung kann - wie im Streitfall - zu einer den Höchstbetrag weit überschreitenden Bürgenhaftung führen. Da zudem die Begrenzung auf den vereinbarten Höchstbetrag gänzlich entfallen soll, soweit die Forderung dadurch entstanden ist, daß Zinsen, Provisionen und Kosten durch Saldenfeststellung im Kontokorrent Teil der Hauptschuld geworden sind, begründet die Klausel für den Verpflichteten ein nicht mehr kalkulierbares Haftungsrisiko, das in unvereinbarem Widerspruch zu Inhalt und Sinn einer Höchstbetragsbürgschaft steht.
 
Der Bundesgerichtshof hat die umstrittene Klausel daher gemäß § 9 AGBG (nach neuem Recht § 307 BGB) für unwirksam erklärt. Das Berufungsgericht muß nunmehr prüfen, wann die beklagte Bürgin hinsichtlich ihrer rechtskräftigen Verpflichtung, an das Kreditinstitut 130.000 DM zu zahlen, in Verzug geraten ist. Erst ab diesem Zeitpunkt schuldet sie Zinsen.
 
BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 Az.: IX ZR 294/00



18.07.2002

Besteuerung von Spekulationsgewinnen aus Wertpapiergeschäften nach Auffassung des BFH verfassungswidrig

Gewinne, die ein Steuerpflichtiger durch die Anschaffung und zeitnahe Weiterveräußerung von im Privatvermögen befindlichen Wertpapieren (sog. Wertpapierspekulationsgeschäfte) erzielt, werden nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) der Einkommensteuer unterworfen. Voraussetzung hierfür war bis einschließlich 1998 u.a., dass der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung der Wertpapiere nicht mehr als sechs Monate beträgt. Seit 1999 beträgt diese Frist ein Jahr.
 
Vielfach wird angezweifelt, inwieweit solche Gewinne tatsächlich steuerlich erfasst werden (wir berichteten). Von den meisten Steuerpflichtigen würden sie in ihrer Steuererklärung nicht angegeben und eine Überprüfung der Steuererklärungen im Hinblick auf nicht erklärte steuerpflichtige Gewinne aus Wertpapierspekulationsgeschäften scheitere im Allgemeinen an rechtlichen und tatsächlichen Kontrollhemmnissen. Das Steuererhebungsverfahren leide an strukturellen Mängeln. Solche Mängel und die von ihnen ausgehende Ungleichheit in der steuerlichen Belastung können nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juni 1991 (2 BvR 1493/89, BStBl II, 1991 S. 654) zur Verfassungswidrigkeit der materiellen Steuerrechtsnorm führen.
 
Vor diesem Hintergrund hat der IX. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 2002 in einem die Besteuerung von Wertpapiergeschäften im Jahre 1997 betreffenden Rechtsstreit beschlossen, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG in der Fassung des Einkommensteuergesetzes 1997 (Bundesgesetzblatt, Teil I, 1997 Seite 821) mit dem Grundgesetz insoweit unvereinbar ist, als die Durchsetzung des Steueranspruchs wegen struktureller Vollzugshindernisse weitgehend vereitelt werde.
 
Die Gründe des Beschlusses vom 16. Juli 2002 IX R 62/99 werden voraussichtlich erst in sechs bis acht Wochen vorliegen (Pressemitteilung des BFH).



17.07.2002

Bundesrat stimmt Änderung der TKV zu und fordert Bundesregierung zum Handeln auf / Neues Dialer-Urteil des LG Mannheim

Um den zunehmenden Mißbrauch von Mehrwertdiensten, also insbesondere 0190-Nummern, durch sogenannte Dialer-Programme zu verhindern, hat der Bundesrat am 12. Juli 2002 einer Änderung der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung zugestimmt, die nun nach Veröffentlichung in Kraft treten wird. Dialer sind kleine Einwahlprogramme, die sich während des Surfens im Internet unbemerkt vom Nutzer als Standardverbindung ins Internet installieren und dabei regelmäßig eine teure 0190-Nummer nutzen. Die anfallenden Gebühren können mehrere hundert Euro pro Minute betragen.
 
In Fachkreisen wurde schon im Vorfeld bezweifelt, ob die Änderungen ausreichend Schutz bieten würden. Auch der Bundesrat hat erkannt, daß mit den verabschiedeten Änderungen allein das Problem der betrügerischen Dialer nicht gelöst werden kann. Er faßte daher eine Entschließung, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, weitere, wirksame Maßnahmen zu ergreifen. So schlägt er vor, die Einführung eines "Opt-in" Verfahren zu prüfen, bei dem der Nutzung einer teuren 0190-Nummern im Vorfeld ausdrücklich gegenüber dem Telefonnetzbetreiber zugestimmt werden müßte. Hinweis- und Warnpflichten der Anbieter sollten verschärft und umfangreiche Auskunftsrechte der Verbraucher eingeführt werden. Die Länderkammer plädiert außerdem für eine scharfe Kontrolle der Nummernvergabe durch die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, empfindliche Bußgelder und flankierende Beweiserleichterungen für Geschädigte.
 
"Ein solches Bündel von Maßnahmen könnte den Mißbrauch der Mehrwertrufnummern tatsächlich wirksam eindämmen", so Rechtsanwalt Jan Weber, der sich für die Ratgeberseite www.dialerundrecht.de verantwortlich zeichnet. "Insbesondere ein Opt-in Verfahren wäre geeignet, den unseriösen Dialeranbietern zu begegnen, ohne die Existenz anderer, unbedenklicher Mehrwertdienste wie Servicerufnummern, Faxabrufe etc. zu gefährden."
 
Zwischenzeitlich wurde ein Urteil des Landgerichtes Mannheim bekannt, das einen Dialergeschädigten gegenüber dem Telefonnetzbetreiber zur Zahlung verpflichtet. Aus dieser Entscheidung können jedoch keine Schlüsse hinsichtlich des Ausgangs zukünftiger Rechtsstreitigkeiten gezogen werden.
 
Zweite Verordnung zur Änderung der TKV (BR-Drucksache 505/02)
 
Entschließung des Bundesrates zur Unterbindung des Mißbrauches von "Premium Rate" Rufnummern (BR-Drucksache 636/02)
 
Urteil des LG Mannheim vom 22.02.2002 Az.: 1 S 315/01



16.07.2002

OLG München: www.rechtsanwaelte-dachau.de

Nach Ansicht des OLG München ist die Domain "rechtsanwaelte-dachau" unzulässig. Sie sei irreführend und damit wettberbsrechtlich unzulässig, weil beim Internetnutzer die Vorstellung hervorgerufen werden könnte, unter der Domain sei ein örtliches Anwaltsverzeichnis abrufbar.
 
Anders liege der Fall, wenn der Singular verwendet würde: So hat der gleiche Senat des OLG München entschieden, die Domain "rechtsanwalt-kempten.de" sei zulässig (OLG München, Urteil vom 10.5.2001 Az.: 29 U 1594/01), hier sei hinreichend deutlich, daß nur ein einziger Anwalt unter der Domain erreicht werden könne. Anderer Ansicht war auch hier allerdings das OLG Celle (NJW 2001, 2100 "anwalt-hannover.de").
 
OLG München, Urteil vom 18.4.2002 Az.: 29 U 1573/02
 
Unser Beitrag zum Thema



15.07.2002

Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit kommt

Der Bundesrat hat dem umstrittenen Gesetz zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit am 12. Juli 2002 (so genannte General- bzw. Hauptunternehmerhaftung, wir berichteten) zugestimmt.
 
Die ursprünglich geplanten Regelungen wurden nur leicht entschärft. Ein Bauunternehmer, der einen Subunternehmer direkt beauftragt, wird künftig für die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge dieses Subunternehmers oder eines von diesem beauftragten Verleihers wie ein selbstschuldnerischer Bürge haften. Der Generalunternehmer haftet nur dann über den ersten Subunternehmer hinaus, wenn die Beauftragung des ersten Subunternehmers bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände zur Umgehung der Haftung geschieht. Zukünftig müssen Subunternehmer auf Verlangen der Einzugstelle Firma und Anschrift ihres Auftraggebers mitteilen. Das Gesetz tritt am 1. August 2002 in Kraft.

Kein Führerscheinentzug bei Haschischrauchen ohne Zusammenhang mit dem Führen eines Autos

Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat der Verfassungsbeschwerde (Vb) eines Beschwerdeführers (Bf) stattgegeben, dessen Fahrerlaubnis entzogen wurde, nachdem er sich geweigert hatte, ein behördlich angeordnetes Drogenscreening beizubringen. Die auf die Entziehung der Fahrerlaubnis bezogenen Behörden- und Gerichtsentscheidungen wurden aufgehoben. In einem anderen Fall hingegen wurde die Vb nicht zur Entscheidung angenommen und die Voraussetzungen für die Anordnung des Drogenscreenings wurden bejaht.
 
Im ersten Fall wurde der Bf 1994 anlässlich einer Einreise aus den Niederlanden nach Deutschland einer polizeilichen Kontrolle unterzogen. Dabei wurden fünf Gramm Haschisch gefunden. Der Beschwerdeführer kam einer Aufforderung der Stadt Freiburg i.Br., ein Drogenscreening vorzulegen, nicht nach. Daraufhin entzog die Stadt ihm die Fahrerlaubnis. Rechtsmittel blieben erfolglos.
 
Nach heutigem wie nach früher geltendem Recht ist eine Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Erlaubnisinhaber zum Führen von Kraftfahrzeugen als ungeeignet erweist. Bei hinreichendem Verdacht des Vorliegens erheblicher Eignungsmängel ist die zuständige Behörde ermächtigt, dem Erlaubnisinhaber aufzugeben, bestimmte Gutachten über seine Kraftfahreignung beizubringen (Drogenscreening). Die Missachtung dieser Anordnung hat regelmäßig die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge.
 
Die Kammer stellt eine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit des Bf fest. Diese Freiheit erfasst auch das Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr. Der in dem Entzug der Fahrerlaubnis liegende Eingriff in die Handlungsfreiheit war im vorliegenden Fall verfassungswidrig, weil er in keinem angemessenen Verhältnis zum Ausmaß der Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs stand. Es fehlte nämlich als Grundlage der Überprüfung der Fahreignung ein hinreichender Tatverdacht, der einen Eignungsmangel nahe legte. In Übereinstimmung mit einer jüngeren Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (NJW 2002, S. 78) geht die Kammer davon aus, dass der einmalige oder nur gelegentliche Cannabiskonsum ohne Bezug zum Straßenverkehr für sich allein kein hinreichendes Verdachtselement bildet.
 
Zu dieser Einschätzung kommt die Kammer auf Grund von fachlichen Stellungnahmen und gutachtlichen Äußerungen, die sie zu den Wirkungen des Konsums von Cannabis, Alkohol und anderen bewusstseinsverändernden Mitteln eingeholt hatte. Dazu führt die Kammer unter anderem aus: Der Konsum von Cannabis könne die Fahreignung ausschließen. Die Fahrtüchtigkeit einer Person sei im akuten Haschischrausch und während der Dauer einer mehrstündigen Abklingphase aufgehoben. Nach heutiger Erkenntnis bestehe in aller Regel aber kein Anlass zu der Befürchtung, dass der einmalige oder gelegentliche Konsum von Haschisch bei den Betroffenen zu einer anhaltenden fahreignungsrelevanten Absenkung ihrer körperlich-geistigen Leistungsfähigkeit führe. Bei einmaligem oder gelegentlichem Haschischkonsum sei es auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Betroffene eine drogenkonsumbedingte zeitweilige Fahruntüchtigkeit nicht rechtzeitig erkennen oder dennoch nicht von der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr absehen könne.
 
Bei dieser Sachlage durfte die Fahrerlaubnis nicht allein auf der Grundlage des einmalig festgestellten Haschischbesitzes und der Weigerung, am Drogenscreening teilzunehmen, entzogen werden. Die Kammer betont aber, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken an einer Fahreignungsprüfung bestehen, wenn über den bloßen Besitz von Cannabis hinaus konkrete tatsächliche Verdachtsmomente dafür ermittelt worden sind, dass der Betroffene den Konsum von Cannabis und die aktive Teilnahme am Straßenverkehr nicht zuverlässig zu trennen vermag oder zu trennen bereit ist. Dann kann weiterhin die aktive Mitwirkung des Fahrerlaubnisinhabers verlangt und darf die Verweigerung zum Nachteil des Betroffenen gewürdigt werden. In dem weiteren Fall hatte die Polizei nicht nur Cannabisbesitz festgestellt, sondern auch die Reste eines mit Haschisch versetzten Joints im Aschenbecher des Fahrzeugs gefunden Pressemitteilung des BVerfG).
 
BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2002 Az.: 1 BvR 2062/96
 
BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 2002 Az.: 1 BvR 2428/95



11.07.2002

Keine Internetwerbung für Privatklinik

Nach einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung des Oberlandesgerichtes Zweibrücken darf ein Arzt nicht uneingeschränkt im Internet für seine Privatklinik werben.

Das Gericht gab mit seinem grundlegenden Urteil der Unterlassungsklage eines Vereins zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs statt. Der Verein hatte moniert, dass der Arzt im Internet Informationen über Heilbehandlungen gegeben hatte, die bei ihm angeboten werden. Außerdem hatte er mit fachlichen Empfehlungen geworben. Sofern es ihm um die Werbung innerhalb von Fachkreisen gehe, dürfe er das weltweit zugängige Internet nur nutzen, wenn er mit Zugangshindernissen wie Passwörtern sicherstelle, dass nicht jedermann ungehindert auf die Informationen zugreifen könne.

Die Richter wiesen darauf hin, daß für Arzneimittel, Verfahren, Anwendungen oder andere medizinische Mittel dürfe nur in Fachkreisen geworben werden. Da eine Homepage für jedermann zugänglich sei, bestehe bei einer Werbung im Internet die Gefahr der unsachlichen Beeinflussung medizinischer Laien. Dies gelte vor allem für Kranke, die sich oft in einer psychischen Notlage befinden.

Urteil des OLG Zweibrücken, Az.: 4 U 68/01



10.07.2002

LG München I zur Haftung für Hyperlinks

Der Kläger eines vor dem Landgericht München entschiedenen Rechtsstreites war Inhaber einer Wort-Bildmarke aus dem Bereich Computertechnik. Der Beklagte, ein privater Internetnutzer, hatte auf seiner Homepage einen Hyperlink zur Homepage eines kommerziellen Softwareanbieters gesetzt, der dort innerhalb eines Framesets neun anwählbare Unterpunkte anbot; über einen dieser Unterpunkte gelangte man auf eine neue Seite, die wiederum mehrere Unterverzeichnisse auswies. Nach weiteren Auswahlschritten erreicht man eine Seite, auf der die Marke des Klägers nach dessen Ansicht in unzulässiger Weise verwendet wurde.

Bei der für den gewerblichen Rechtsschutz zuständigen 7. Kammer für Handelssachen berief sich der Kläger auf eine - mittelbare - Markenverletzung durch den Beklagten und machte Abmahnkosten geltend.

Das Gericht stellte jedoch fest, dass unter den vorliegenden Umständen eine Markenverletzung nicht vorliegt. Zwar könne grundsätzlich auch derjenige in Anspruch genommen werden, der über einen Link oder Hyperlink auf eine Homepage eines anderen Betreibers verweist, wenn dort eine Markenverletzung erfolgt. Voraussetzung sei aber, dass diese Verknüpfung im Rahmen geschäftlichen Handelns erfolge und der Verweiser sich den Inhalt der abgebundenen Web-Seite zu eigen mache, etwa bei Vorliegen eigener wirtschaftlicher Interessen. Davon sei beim Beklagten jedoch nicht auszugehen, da dieser mit der Internet-Seite lediglich sein privates Interesse an einer speziellen Software an andere weitergebe und keine Anhaltspunkte für ein wirtschaftliches Interesse ersichtlich seien. Gegen eine Haftung spreche aber vor allem die Vielzahl von Einzelschritten, die erforderlich sind, um auf die hier relevante Seite zu gelangen. Die Klage wurde abgewiesen

LG München I, Az.: 7 HKO 6040/02



08.07.2002

Keine Kostenerstattung bei Arznei-Bezug aus Niederlanden

Krankenkassen dürfen Versicherten die Kosten für Arzneien nicht erstatten, wenn diese über einen Internet-Versand aus den Niederlanden bezogen werden. Das entschied das Sozialgericht Münster in einem kürzlich bekannt gegebenen Urteil.

Eine Krankenkasse hatte gegen ein entsprechendes Verbot geklagt und daneben einen Eilantrag gestellt. Dies wurde jetzt vom Gericht wegen mangelnder Erfolgsaussichten abgelehnt. In der Hauptsache ist noch nicht entschieden.

Sozialgericht Münster, Az.: S 11 KR 79/02ER



05.07.2002

Lehrerin darf nicht mit Kopftuch unterrichten
 
Das Bundesverwaltungsgericht hat am 04.07.2002 entschieden, dass eine Bewerberin keinen Anspruch auf Einstellung als Lehrerin an Grund- und Hauptschulen hat, wenn sie nicht bereit ist, im Unterricht auf ihr aus religiösen Gründen getragenes Kopftuch zu verzichten. Es hat damit die Auffassung des Oberschulamts Stuttgart bestätigt, das es 1998 abgelehnt hatte, die Klägerin, die aus Afghanistan stammt und 1995 eingebürgert worden ist, als Beamtin in den Schuldienst des Landes Baden-Württemberg zu übernehmen.
 
Zwar gewährleistet das Grundgesetz den Zugang zu öffentlichen Ämtern unabhängig vom religiösen Bekenntnis spwie die freie und ungestörte Religionsausübung. Wer aus Glaubensüberzeugung ein Kopftuch trägt, ist durch das Grundrecht auf freie Religionsausübung geschützt. Staatliche Pflichtschulen, an denen die Klägerin als Beamtin tätig sein will, werden indessen von Schülern mit unterschiedlichen Religionen und Weltanschauungen besucht. Jeder Schüler hat aufgrund seiner Religionsfreiheit Anspruch darauf, vom Staat nicht dem Einfluss einer fremden Religion, auch in Gestalt eines Symbols, ausgesetzt zu werden, ohne sich dem entziehen zu können. Auch die Eltern der religionsunmündigen Schüler können verlangen, dass der Staat sich in religiösen und weltanschaulichen Fragen neutral verhält.
 
Diese Pflicht zu strikter Neutralität im Bereich der staatlichen Schule wird verletzt, wenn eine Lehrerin im Unterricht ein Kopftuch trägt. Das Kopftuch ist ein deutlich wahrnehmbares Symbol einer bestimmten Religion, selbst wenn seine Trägerin keinerlei missionarische Absicht damit verfolgt und das Kopftuch nur aus eigener Glaubensüberzeugung trägt. Wegen der Vorbildfunktion, die eine Lehrerin an Grund- und Hauptschulen ausübt und aus pädagogischen Gründen auch ausüben soll, darf sie den in ihrer Persönlichkeit noch nicht gefestigten Schülern keine bestimmte Glaubensüberzeugung ständig und unübersehbar vor Augen führen.
 
Der Konflikt zwischen diesen Grundrechten lässt sich in schonender Weise nur dadurch vermeiden, dass eine Lehrerin auf das Tragen eines Kopftuchs während des Unterrichts verzichtet. Da die Klägerin hierzu nicht bereit ist, fehlt ihr die erforderliche Eignung, den staatlichen Erziehungsauftrag mit der gebotenen Neutralität wahrzunehmen. Ob Beschwerden oder Beanstandungen tatsächlich geäußert werden, ist dabei unerheblich; der Staat ist gehalten, bereits dem Entstehen einer Konfliktlage vorzubeugen.
 
BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2002 Az.: 2 C 21.01


 
 
04.07.2002

Überteuerte Eigentumswohnung kann zurückgegeben werden
 
In einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung hat das OLG Oldenburg entschieden, daß der Käufer einer Eigentumswohnung das erworbene Objekt dem Verkäufer zurückgeben und den Kaufpreis herausverlangen kann, wenn Leistung und Gegenleistung in grobem Mißverhältnis stehen.
 
In dem entschiedenen Fall kaufte der Kläger eine Wohnung, die einen objektiven Verkehrswert von 32.000 Euro hatte, zum Preis von 78.000 Euro. Der Kaufvertrag, so das OLG, sei wegen Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) nichtig. Ein Vertrag sei dann sittenwidrig, wenn sich der Vertragspartner in verwerflicher Gesinnung eine Leistung versprechen lasse, deren Wert in grobem Missverhältnis zum Wert der Gegenleistung stehe. Ein solches Missverhältnis liege regelmäßig vor, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch sei, wie der Wert der Gegenleistung. Dies sei hier angesichts eines Kaufpreises von ca. 77.790 Euro im Verhältnis zu einem Wohnungswert von ca. 32.200 Euro der Fall. Bei einem solchen Missverhältnis könne auch ohne weiteres auf eine verwerfliche Gesinnung des beklagten Verkäufers geschlossen werden.
 
Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 17.06.2002 Az.: 15 U 15/02


 
 
02.07.2002

Steuernummer auf allen Rechnungen
 
Ab 1. Juli ist jeder Unternehmer verpflichtet, auf Rechnungen und Gutschriften seine Steuernummer (nicht die USt-ID!) anzugeben. Eine Verletzung dieser Pflicht hat allerdings vorerst keine Konsquenzen. Entgegen mancher Befürchtungen hat das Bundesministerium der Finanzen nun auch klargestellt, daß der Vorsteuerabzug aus Rechnungen ohne Steuernummer nicht verlorengeht.
 
Schreiben des Finanzministeriums vom 28.06.2002